Olivenöl schlägt fettarm

Diät

Olivenöl schlägt fettarm

Von Michael Simm

Wer abnehmen will, hat die Qual der Wahl: Die Regale der Buchhandlungen quellen über mit Ratgebern, die Zeitschriften sind voller Tipps und auch im Fernsehen erweisen die Dicken sich als Quotenbringer, wenn sie vor aller Augen versuchen, ihre Pfunde loszuwerden.

Allein: Im Dickicht aus gut gemeinten Ratschlägen, Empfehlungen der Wissenschaft und bloßer Geschäftemacherei verlieren Übergewichtige allzu leicht den Überblick. Licht ins Dunkel bringt nun eine Studie, bei der israelische, deutsche und US-amerikanische Mediziner mit außerordentlicher Gründlichkeit drei gängige Arten von Diäten unter die Lupe genommen haben. Über zwei Jahre hinweg—und damit weitaus länger als die meisten ihrer Vorgänger – verglichen die Forscher den Nutzen einer Mittelmeer-Diät mit viel Gemüse, Olivenöl, Fisch und Geflügel, einer fettarmen Diät und einer kohlenhydratarmen Ernährung, auch bekannt als Atkins-Diät.

An dem Experiment hatten 322 mäßig bis stark übergewichtige Freiwillige, die meisten Männer, teilgenommen und waren dafür einer der drei Diät-Gruppen zugelost worden, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift New England Journal of Medicine (Band 359, Heft 3, 17. Juli 2008). Die Versuchspersonen arbeiteten alle in einem Kernforschungszentrum im israelischen Dimona, wo sie täglich in der Selbstbedienungs-Cafeteria ihr Mittagessen zu sich nahmen. Die Mahlzeiten in der Kantine wurden gemäß den Vorgaben einer Diätassistentin zubereitet.

Ernährungsberater schulten die Versuchsteilnehmer über zwei Jahre hinweg insgesamt 18 Mal für jeweils 90 Minuten. Zusätzlich hatten die Forscher um die Ernährungsexpertin Iris Shai dafür gesorgt, dass jedes Nahrungsmittel in der Kantine mit einem Schild gekennzeichnet wurde, auf dem die Zahl der enthaltenen Kalorien sowie der Anteil an Kohlenhydraten, Fett und gesättigtem Fett vermerkt war. Außerdem hatten sie die Speisen mit verschiedenfarbigen Schildern versehen, um sie den drei verschiedenen Diäten zuzuordnen.

Nicht nur bei der Vorbereitung, auch bei der Auswertung der Ergebnisse waren die Forscher besonders gründlich: So mussten alle Versuchsteilnehmer einmal im Monat auf die Waage. Mehrmals füllten sie umfangreiche Fragebögen zum Essverhalten und zu ihren sportlichen Aktivitäten aus. Viermal wurde den Probanden Blut entnommen, das dann – tiefgekühlt bei minus 80 Grad – an die Universität Leipzig geschickt und dort auf Cholesterin und ähnliche Blutfette, auf Insulin und eine ganze Reihe weiterer Inhaltsstoffe untersucht wurde.

“Diese Studie ist sicher eine der besten und durchdachtesten in diesem Bereich”, lobt Professor Michael Stumvoll, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III an der Universität Leipzig seine Kollegen. Er selbst sei mit seinen Mitarbeitern, Professor Matthias Blüher, Professor Joachim Thiery und Georg Martin Fiedler, nur “Trittbrettfahrer” gewesen und habe die Laborwerte geliefert, sagt der Mediziner bescheiden. Den israelischen Kollegen dagegen gebühre das Verdienst, die bestmögliche Umgebung für die Studie gefunden zu haben. “In diesem Kernforschungszentrum gibt es extreme Sicherheitsvorschriften – die Leute dort sind es gewohnt zu tun, was man ihnen sagt.”

Das erklärt wohl auch auch die hohe Selbstdisziplin der freiwilligen Studienteilnehmer: 95,4 Prozent hatten ihre Diät ein volles Jahr lang durchgehalten und auch nach zwei Jahren hatte lediglich jeder Siebte aufgegeben.

Die mit Spannung erwarteten Ergebnisse der “Dietary Intervention Randomized Controlled Trial (Direct)”-Gruppe zeigen nun, dass das Durchhalten sich gelohnt hat: Elf Pfund verloren die Probanden im Durchschnitt mit der kohlenhydratarmen Diät nach Atkins, neun Pfund waren es mit der Mittelmeer-Küche und knapp sieben Pfund mit der fettarmen Ernährung. In der Zwischenbilanz nach sechs Monaten hatten die Versuchsteilnehmer durch Atkins-Diät und fettarmes Essen sogar noch mehr abgenommen. Im Gegensatz zur mediterranen Kost aber hatten sie bis zum Ende der Studie dann wieder etwa drei Pfund zugelegt.

Langfristig ist es demnach sinnvoll, die schnellen Kohlenhydrate wie Kartoffeln, Nudeln und Brot zu reduzieren und dafür deutlich mehr langsame Kohlenhydrate in Form von Gemüse zu verspeisen.

Für Stumvoll sind die Ergebnisse ein klarer Beweis gegen das Dogma der meisten Diätgurus, wonach man hauptsächlich am Fett sparen sollte. “Der Low-Fat-Wahnsinn, der aus den USA zu uns herüber schwappt, hat die Leute doch nur hungrig gemacht. Unsere Studie dagegen zeigt, dass die Botschaft ,Hände weg vom Fett’ zu einfach und nicht haltbar ist”, so Stumvoll.

Einen anderen Aspekt hebt die Teamleiterin Iris Shai hervor: “Der Gewichtsverlust mit allen drei Diäten entspricht etwa dem, was man durch vom Arzt verschriebene Arzneien erreichen kann”, sagte sie.

Iris Shai weist darauf hin, dass die Blutfettwerte sich unter der kohlenhydratarmen Diät mit fast 20 Prozent am stärksten verbessert hatten, mit fettarmer Ernährung dagegen lediglich um zwölf Prozent. Die Diabetiker in der Studie profitierten am meisten von der Mittelmeer-Küche, weil damit die Blutzuckerwerte am stärksten abnahmen.

“Die ideale Diät für jedermann gibt es nicht”, folgerte Shai. Die Ernährungsspezialistin hofft jedoch, dass die Studie Ärzte empfänglicher macht dafür, kohlenhydratarme und mediterrane Diäten als sichere Alternative zu Arzneimitteln anzusehen.

“Letztlich ist alles besser als unsere westliche Fast-Food-Kultur mit ihren Hamburgern und panierten Schnitzeln, mit Döner und Pommes, Pizza und Currywürsten, Süßigkeiten und ähnlichen vorgefertigten, energiedichten Lebensmitteln”, kommentierte Professor Hans Hauner, Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin in München, die Studie.

Bemerkenswert findet Buchautor Hauner (Therapie Kompass Übergewicht, Trias Verlag) den Ansatz, Abnehmprogramme in die Kantinen zu tragen, wo täglich Millionen von Menschen ihr Essen zu sich nehmen. Hier gelte noch immer das Motto, möglichst viel für möglichst wenig Geld auf den Teller zu bringen.

“Wir wollen die Menschen ja nicht hungern lassen”, sagt Hauner, “aber es ist schwer, die Ernährungsgewohnheiten zu ändern, wenn ein Salat weiterhin doppelt soviel kostet wie eine Currywurst.”

Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Rundschau, zuständige Mitarbeiterin Frau Irle

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